Glück und Lebenslauf

Lebensläufe finde ich spannend. Denn sie formen einen Menschen und machen ihn zu dem, was er ist. Oft frage ich mich: Was hat diese Person erlebt? Wie war der bisherige Lebensverlauf? Und welche Rolle spielt das Glück dabei? In diesem Artikel lasse ich meine Gedanken schweifen und stelle ein paar Überlegungen und Vermutungen an über den Zusammenhang von Lebenslauf und (Lebens-)Glück. 

Glück der 0-er Jahre: Ein Kind wird geboren - das Glück der Eltern 

Jedes Leben beginnt mit der Geburt. Ein wahres Wunder Gottes. Erste Spuren auf dem Lebensweg. Ganz zart und klein. Das Glück liegt hier vor allem auf Seiten der Eltern, die in der Regel überglücklich (und erschöpft ;) das neue Lebewesen in ihren Armen begrüßen. Dank  Endorphin-Cocktail werden sie sich gut um ihr Baby kümmern, trotz wenig Schlaf und Augenringen. Babyglück eben. 

 

Babies und Kleinkinder brauchen vor allem Geborgenheit und eine vertraute Umgebung, damit sie sich sicher fühlen. Sie haben noch kein Bewusstsein für Glück und Zufriedenheit, spüren es aber von Anfang an. Emotionen, wie auch das Gefühl von Zufriedenheit und Glück, lernen sie im Laufe der Jahre erst noch kennen. Die Regulierung dieser Gefühle, im Positiven wie im Negativen, ist eine große Aufgabe für Kind und Eltern. 

 

Mit den Jahren bekommt das Kind eine Idee davon, was es heißt, zufrieden zu sein. Wenn ich mich gut und wohl fühle. Wenn ich genug Zeit zum Spielen mit meinen Freunden habe. Und wenn oft Ferien sind. 

 

Vielleicht kommen im Laufe der Jahre auch Fragen, mit denen Kinder sich an das abstrakte Konstrukt des Glücks herantasten. Beispielsweise: Mama, was bedeutet eigentlich Glück? Oder: Papa, kann ich mit vollem Bauch glücklich sein? Kinderbücher gibt es reichlich, um dieser kindlichen Neugier zu begegnen, zum Beispiel: Wo das Glück wächst, Das kleine Glück klopft an, ...


Glück der 10-er Jahre: Die Persönlichkeit entwickelt sich - das Glücksempfinden ebenso

In den Jahren der Jugend und der Pubertät entwickelt sich mehr und mehr die Persönlichkeit und der Charakter. Was ist mir wichtig in meinem Leben? Welche Schule möchte ich besuchen? Welche Dinge und Tätigkeiten machen mich zufrieden? Was kann ich gut und wie kann ich diese Stärken entwickeln? Die Initiative Schulfach Glück leistet hier an immer mehr Schulen großartige Arbeit. Denn neben der reinen Wissensvermittlung ist es essenziell, Heranwachsenden Raum zu geben, sich mit Fragen der Lebensgestaltung zu beschäftigen. Ja, ich meine, dieses Fach sollte zum Pflichtfach werden. Die dichte Wissensvermittlung könnte  an andere Stelle dafür getrost etwas reduziert werden. Weniger Theorie - mehr Lebenskompetenz!

 

Glück der 20er Jahre: Eine Richtung einschlagen - das Glück suchen 

Endlich erwachsen. Selbst entscheiden über den weiteren Lebensverlauf. Das Glück suchen. Meist irgendwo zwischen Ausbildung, Arbeit, Studium, Partys, Abenteuer, Reisen und anderen Eskapaden der 20er. Was wird von mir erwartet - was stelle ich mir selbst für mein Leben und Lebenslauf vor? Welche Werte sind mir wichtig? 

 

Freizeit und Reisen schaffen oft intensive Glücksmomente - und gleichzeitig formale Lücken. Diese werden zum Glück zunehmend akzeptiert. Die selbstbewusste Antwort auf die Feststellung "Sie haben da eine Lücke im Lebenslauf." darf somit einfach lauten "Ja, ich weiß. War geil!" Oft sind es auch Umwege, steinerne Wegabschnitte und damit zusammenhängende Erfahrungen, die uns besonders prägen. Selbstbewusst zu sich und seinem Lebenslauf stehen heißt, zu seinem Glück zu stehen. 

Darüber hinaus wünsche ich jedem Anfang-20er, dass er/sie Menschen an der Seite haben möge, die da sind, ansprechbar sind und durch diese Phase begleiten. Ein Mentor eignet sich wunderbar, um von den Lebenserfahrung der Älteren zu profitieren. 

Glück der 30er Jahre: Ankommen und Wurzeln schlagen - zum Glück

Oft kommt in den 30er Jahren der Wunsch auf, anzukommen. An einem Ort. In einer Partnerschaft. Es läuten Hochzeitsglocken. Der Nachwuchs kommt. Der Bagger rückt an, um die Grube für das Hausfundament auszuheben. Oder auch nicht (denn Bauen ist heutzutage ja quasi unbezahlbar). Jedenfalls schlagen wir immer mehr Wurzeln. In unserem Leben - und bestenfalls auch in unserem Glück. 
 
Je länger das Leben also andauert, desto glücklicher sind wir? Bestenfalls. Vielleicht lernen wir auch nur zunehmend besser, das kleine Glück wertzuschätzen und Dankbarkeit zu empfinden für das, was wir in unserem Leben haben. Die Herausforderungen jedenfalls werden im Laufe der Jahre vermutlich immer größer. Die eigenen Eltern werden älter, brauchen mehr Unterstützung und werden vielleicht sogar pflegebedürftig. Ältere Verwandte sterben. Doch das gehört dazu zum Leben. Daran können wir wachsen. Und persönliches Wachstum ist ein wichtiger Faktor für das Glück. Ob trüb ob heiter - immer weiter. 
 

Glück ab 40

Ab hier gibt es nur Vermutungen, da ich dieses Lebensalter noch nicht erreicht habe. Vielleicht werden Lebensthemen wie Mid-Life, berufliche Weiterentwicklung oder das Erwachsenwerden der Kinder präsent sein. Vielleicht auch nicht.  Ich bin gespannt, ich lasse es auf mich zukommen. Ich freue mich drauf. Auf meinen weiteren Lebensverlauf. Zum Glück.



Ein Artikel von Jakob Hahn @happinessjakob (Instagram) / Mai 2024