Glück und Zeit
Was hat Glück eigentlich mit Zeit zu tun? Beeinflusst das Zeitgefühl unser Glück und Glück unsere Zeitdimension?
Die ersten Wochen im neuen Jahr sind eine gute Gelegenheit nachzudenken und nach vorne zu schauen. Die Zeit betrachten. In der Retroperspektive vergangene Ereignisse wieder aufleben lassen. Dankbarkeit spüren und den Blick in die Zukunft richten. Dabei ist mir das Thema „Glück und Zeit“ in den Sinn gekommen.
Ich lade dich ein auf eine kleine Zeitreise zum Glück. Dein Invest fürs Lesen: 5 Minuten deiner kostbaren Zeit.
Glück und Vergangenheit: als die Zeit noch andere Dimensionen hatte
Wenn ich versuche, diese beiden Begriffe zusammen zu denken, muss ich sofort an meine
Kindheit denken. Glückliche, unbeschwerte Kindheitserinnerungen. Als die Zeit mich noch nicht so begrenzte wie heute und von mir oft gar nicht bewusst wahrgenommen wurde. Spielen im Garten bis es dunkel wurde und ich zum Abendessen gerufen wurde. Eine gefühlte Ewigkeit lang Gute-Nacht-Geschichten lauschen (Danke für deine Geduld, Mama! ;) oder die großen Ferien im Freibad mit Freunden verbringen. Mein Zeitgefühl als Kind war nicht besonders ausgeprägt. Und hat – vielleicht gerade deshalb – viele Glücksmomente entstehen lassen. Denn es gab viel Raum und Zeit für das Glück. Und Schokoladenstückchen aus Ü-Eiern, um zu den Kindheitserinnerungen zurückzukommen.
Auch wenn Glück als Gefühl flüchtig ist, kann ich doch die Erinnerungen, die Gefühle, die ich in meinen Kindheitsglücksmomenten empfand, gut nachempfinden und gedanklich hervorholen. Konservierte Glücksschätze in meiner Erinnerungskiste. Das tut gut und streichelt meine Seele. Die Vergangenheit, all die Erfahrungen und Glücksmomente machen mich schließlich auch zu dem glücklichen Menschen, der ich bin.
Doch Vorsicht: Wir sollten die Vergangenheitsbrille nur wohldosiert aufsetzen. Denn im Leben geht es um das Hier und Jetzt. Den Augenblick. Es lohnt sich, ihn in den Fokus zu nehmen und damit auch in der Gegenwart Raum für Glück zu schaffen.
Glück und Gegenwart: Zeit als Fokus – Einladung zur Neuentdeckung
Wie fühlst du dich, jetzt gerade, beim Lesen dieses Textes? Spürst du Glück in dir? In der Gegenwart ist es wohl am einfachsten, Glück zu fühlen und glücklich zu sein. Denn wenn wir uns auf den Moment konzentrieren – und nicht das Gestern bereuen oder uns um das Morgen sorgen – ist das die beste Basis für die guten Gefühle. Eckart Tolle hat dazu ein tolles Buch geschrieben, welches ich dir wärmstens empfehlen kann (Leben im Jetzt – Eckart Tolle).
Glück heißt: „Ja zum Leben sagen“ und es genießen. So wie es mir in diesem Augenblick begegnen möchte, ganz vielfältig: Der Duft frischer Croissants bei meinem Lieblingsbäcker, Wohlfühlmomente mit Lieblingsmenschen oder das Lächeln des Fremden auf dem Bahnsteig. Es sind diese vielen kleinen Glücksmomente, die ich in meinem Herzen aufnehmen, groß werden lassen und genießen möchte. Eine tägliche Spielwiese, eine dauerhafte Übung, welch ein Glück!
Wenn ich dann die Zeit vergesse, ist das meist ein guter Indikator. Ansonsten versuche ich, ihr nicht zu viel Beachtung zu schenken, denn sie vergeht ja sowieso. Ich höre oft von anderen: „Ich habe so wenig Zeit“. Klar, unsere Welt ist hektisch, schnell und unsere Leben (viel zu) vollgestopft. Doch stimmt das wirklich, das mit dem wenig Zeit haben? Wir haben doch alle 24 Stunden am Tag, die wir füllen können. Entscheidend finde ich eher die Frage, mit was und wie. Die ehrlichere Aussage wäre also: „Ich nehme mir so wenig Zeit.“ Das wäre gleichzeitig eine Einsicht und damit der erste Schritt, die Zeiteinteilung zu überdenken und Zeitprioritäten anders zu setzen.
Zeit und Zukunft: abstrakte Weite und weise Zeitvorstellungen
Die Zukunft ist abstrakt und weit entfernt. Zeit ist dort noch im Überfluss vorhanden und neutral besetzt. Zukunft ist für mich auch gleichzeitig Weite. Das Glück liebt diese Weite, denn darin kann es sich ausdehnen, den Raum füllen und so vielleicht auch die Zeit etwas in den Hintergrund drängen.
Zukunft verbinde ich außerdem mit Dingen wie Wünsche aussprechen, Pläne aushecken, Ziele stecken. In der Zukunft möchte ich glücklich sein. Und all diese Dinge lassen Glück erahnen. Ich glaube und hoffe, dass ich in der Zukunft die Zeit gelassener sehen werde. Weil ich persönlich ein Stück gewachsen bin und gelernt habe, dass unsere menschlichen Zeitvorstellungen sowieso oft abstrus sind und wir uns ruhig öfter mal Zeit lassen könnten. Denn es jagt uns niemand. Meist rennen wir doch nur uns selbst hinterher.
Ja, so wünsche ich mir das. Ich wünsche mir, dass mit der Zukunft und mit der Zeit auch die Einsicht und die Weisheit wächst und ich merke, dass Glück doch eigentlich immer nur eine Frage der Perspektive ist: egal ob in Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft.
Ein Artikel von Jakob Hahn / Februar 2022